Biographie eines Ausnahmekünstlers - Rudi Knabl, Zithervirtuose
Der „Paganini der Zither“, wie Rudi Knabl gerne genannt wurde, begeisterte und faszinierte die Zitherwelt nahezu 70 Jahre lang und war bereits zu Lebzeiten eine Legende! Sein unnachahmliches Können verdankte Rudi Knabl nicht nur seinem musikalischen Talent, sondern vor allem seinem unermüdlichen Fleiß und seiner unbeirrbaren Zielstrebigkeit.
Rudi Knabl, in München am 22.09.1912 als Sohn der Gastwirtseheleute Georg und Johanna Knabl geboren, verbrachte seine Jugendjahre im Chiemgau, in der Nähe von Bad Endorf. Bereits im Alter von 7 Jahren begeisterte sich Rudi Knabl für das Zitherspiel.
Bedingt durch sein außergewöhnliches Talent und seinen enormen Fleiß, beherrschte er das Zitherspiel sehr schnell und verbrachte deshalb auch nur kurze Zeiten bei seinen Zitherlehrern, zu welchen u.a. auch der berühmte Münchner Zithervirtuose Fritz Mühlhölzl zählte.
Obwohl Rudi Knabl in seinen Jugendjahren auf Drängen des Vaters das Metzgerhandwerk erlernen musste und u.a. in seinen Jugendjahren auch als Schankkellner tätig war, konnte ihn dies jedoch vom Weg des Berufszitherspielers nicht abbringen. Nach einer zweijährigen Duo-Partnerschaft mit Hans Groher, einem bekannten Zithervirtuosen aus Schwandorf in der Oberpfalz, setzte Rudi Knabl seine Solo-Karriere unbeirrbar fort, wurde im Jahr 1931 vom Radio München (heute Bayerischer Rundfunk) beim Vorspielen entdeckt und sofort als Zithervirtuose engagiert. Entgegen heutigen Gepflogenheiten wurde zu damaliger Zeit ausschließlich live gespielt, was für den ausübenden Künstler eine besondere Herausforderung darstellte und das absolute beherrschen seines Instruments voraussetzte. Auch war eine sog. „Mikrofonbefähigungsprüfung“ abzulegen. Ab dem Jahr 1935 wurde Rudi Knabl dann von vielen Rundfunkanstalten in ganz Deutschland, vorwiegend in Berlin und München eingeladen.
Im Jahre 1934 entstand dann bei Telefunken die erste Schelllack Platte unter Mitwirkung Rudi Knabl‘s. Bis zum heutigen Tag ist die Zahl der insgesamt erschienen Tonträger auf über 273 Stück angewachsen! Die erste Komposition schuf Rudi Knabl bereits mit 18 Jahren. Leider wurden diese Werke niemals verlegt, da diese Stücke nach eigener Aussage Knabl‘s sehr schwer spielbar waren. Die erste verkäufliche Komposition erschien dann im Jahr 1935 unter dem Titel „Tempo, Tempo“. Zeitlebens sollten insgesamt mehr als 1.000 Kompositionen für Zither solo und in Verbindung mit diversen Besetzungen entstehen!
Gefangenschaft 1947
Nach der Rückkehr aus russischer Gefangenschaft im Jahr 1947 startete Rudi Knabl seine Karriere neu mit einer einzigen, ihm verbliebenen Zither, eine Amberger Konzertzither! Der damalige Sendeleiter der Abtlg. Volksmusik beim BR, Alfons Schmidseder, war hocherfreut, als er erfuhr, dass Rudi Knabl unversehrt aus dem Krieg heimgekehrt war und er ihn wieder für den BR fest engagieren konnte. Diese Verbindung sollte ein Leben lang von Bestand sein!
Tournee mit dem Bauerntheater
Auf Tournee mit dem Bauerntheater des Ferdinand Weisheitinger, besser bekannt auch als „Weiß Ferdl“, wurde dann das neu gegründete Knabl-Trio, bestehend aus Zither, Knopfakkordeon und Kontragitarre, publik und legendär! Aufnahmen des Knabl-Trio’s sind heute leider sehr rar! Die wenigen erhalten gebliebenen Aufnahmen jedoch zeugen von höchster Virtuosität dreier Erz-Musikanten, verbunden mit größtem musikalischem Verständnis untereinander. Auf dieser Tournee lernte Rudi Knabl dann auch seine spätere Frau, Rosa Fahrnberger kennen und lieben. Aus der Ehe ging der einzige Sohn Rudolf Gregor hervor, welcher heute am Residenztheater in München als musikalischer Leiter tätig ist.
Veranstaltung im Funkhaus des BR
Mitte der 50er Jahre lernte Rudi Knabl bei einer Veranstaltung im Funkhaus des BR den begnadeten Musiker und Akkordeonisten Heinz Kulzer kennen. Diese Verbindung sollte sehr viele musikalische Früchte tragen. So wurde Heinz Kulzer u.a fester Begleiter im Knabl-Trio, im Orchester „Rudi Knabl und seine Volksmusikanten“, bei den „Schrammeln“, bei der „Original-Freundorfer-Besetzung, und einigen weiteren Gruppierungen. Mit dem Tod von Heinz Kulzer im Jahre 1976 endete leider auch das musizieren der verschiedenen Ensemble.
Rudi Knabl's Instrumenten-Sammlung
Zeitlebens war Rudi Knabl immer bestrebt, das besondere Instrument zu finden. Zeitweise besaß er über 30 erstklassige Instrumente. Die Sammlung beinhaltete Zithern renommiertester Hersteller wie z.B. Amberger, Hauser, Voigt, Meinel, Wünsche, Kerschensteiner, Kindl, Sandner u.a. Viele Instrumente wurden um eine 6. Griffbrett-Saite (F) und eine zusätzliche Freisaite (as 0) erweitert. Dadurch ergaben sich zwar grundsätzlich mehr musikalische Möglichkeiten, allerdings erhöhten sich auch die Spiel technischen Anforderungen. Bezüglich Puncto Zitherring hatte Rudi Knabl in seinem Leben viele verschiedene Ringe ausprobiert. Den wirklich passenden, allen Ansprüchen gerecht werdenden Zitherring, schuf jedoch erst Toni Wolf aus Peiting. Wolf- Ringe werden heute noch von vielen Zitherspielern sehr geschätzt!
Aufgrund seiner Virtuosität und seines enormen Repertoires war Rudi Knabl in vielen Rundfunk- und Fernsehanstalten in Europa, Japan, Indien, den USA, verschiedenen Ländern Afrikas und Südamerikas ein sehr gefragter und geschätzter Künstler. Er bespielte mehr als 250 Tonträger, war Komponist, Interpret, Arrangeur, Aufnahmeleiter und Tontechniker in einem! In den großen Konzertsälen war er solistisch ebenso vertreten wie mit vielen namhaften Orchestern. Für ein herausragendes Album (LP) volkstümlicher Melodien (Die goldene Zither) wurde ihm im Jahr 1973 von der Association Francaise de la Musique Recreative in Paris die „silberne Zither“ verliehen. Es folgten im Jahr 1979 das Bundesverdienstkreuz der BRD, 1982 die Goldene Verdienstmedaille des BR und im Jahr 1993 der Bayerische Verdienstorden. Musikerkollegen haben ihn schlichtweg als „Weltmeister auf der Zither“ bezeichnet und die Presse gab ihm den ehrenvollen Beinamen „Paganini der Zither“. Trotz all dieser wunderbaren und ehrenhaften Bezeugungen blieb Rudi Knabl dennoch bescheiden und immer „seiner Zither“ verpflichtet.
Knabl's Schüler
Obwohl Rudi Knabl sich viele große Verdienste und Auszeichnungen um die Zither erworben hatte und von sich immer behauptete, kein Pädagoge zu sein, unterrichtete er trotz zeitlicher Enge auch einige wenige Schüler. Neben Birgit Schuster (leider im Jahr 1994 verstorben) „schaute“ Rudi Knabl in den 90er Jahren auch noch Christine Oberleitner und Christoph Schwarzer über die Schulter. Sein Ziel war es, die beiden Zitheridealisten Oberleitner und Schwarzer an die Konzerttätigkeit und Interpretation der Knabl’schen Kompositionen heranzuführen. Leider war es Rudi Knabl dann allerdings aus gesundheitlichen nicht mehr möglich, Konzerte und Auftritte seiner beiden letzten Schüler mitzuerleben.
15. Juli 2001 - Rudi Knabl
Am 15. Juli 2001 schloss Rudi Knabl friedlich und im Bewusstsein eines erfüllten Künstlerlebens für immer seine Augen. Sein unnachahmlicher Zitherton, seine großartigen Interpretationen, seine exzellenten und gefühlvollen Improvisationen, seine Art Zither zu spielen sind einmalig und bleiben unvergessen. Mögen diese Eigenschaften und Erinnerungen einer nachwachsenden Generation von Zitherspielern stets Richtung weisend und Motivation zum Erhalt der Zithermusik sein.